Eltern, Tanten, Onkel, Omas und Opas werden die Situation kennen: Die Kinder erfinden ad hoc ihr eigenes Spiel und die Regeln sind für Außenstehende (oder -sitzende wie die Mama auf der Bank am Spielplatz) gelinde gesagt nicht durchschaubar. Selbst wenn mir E die Regeln ausführlich zu erklären versucht (im selben Moment, in dem sie sie erfindet wohlgemerkt),  verstehe ich irgendwie nur Bahnhof oder vielmehr ungefähr das:

Wir spielen Petzibär. Einer ist der Petzibär und der andere muss weg sein und der andere kann dann den anderen rufen, dann muss der andere kommen und dann läuft der andere […]

Was?!?!

Nach dem Wort Petzibär war ich geistig sowieso schon abgelenkt. Ach, der Petzibär! Das waren noch Zeiten als es das „Betthupferl“ gab und man sich den ganzen Tag auf die 5 minütige Fernsehsendung freute. Einmal am Tag 5 Minuten. Auf die musste man warten. Nix on-demand, nix binge watching von allen Petzibär-Abenteuern auf einmal! Nein, schön brav warten, sich in Geduld üben. Da konnte man noch echte Vorfreude empfinden. Die „Titelmelodie“ der „Serie“ ist übrigens (für die, die dieses Betthupferl nicht kennen) Bachs Musette, bei welchem sich meine Töchter sogar auf meinen Schoß setzen, wenn ich das kleine Stück am Klavier spiele. Richtig schön (also das Familienzusammengehörigkeitsgefühl, bei der Perfektion des Spiels gibt es natürlich noch Entwicklungspotential)

Oh! E hat ihren Vortrag noch immer nicht beendet:

[…] und der andere darf dann nur weg, wenn der andere nicht da ist, weil der andere immer nur da sein kann […]“ (oder so ähnlich).

Insgeheim frage ich mich, wann die Fußballmannschaft eintrifft, welche all die „Anderen“ verkörpern könnte. Fußball schaue ich übrigens deshalb nie an, weil es (mich überhaupt nicht interessiert und) zu viele eigenartige Regeln hat.

Völkerball ist leicht verständlich: Wer abgeschossen ist, ist raus. Punkt. Und wenn „the last man standing“ den Ball des Gegners fängt, darf ein Spieler wieder rein. Ein bisschen wie beim Schach, wenn ein kleiner Bauer durch seine mutige Felddurchquerung die Königin noch einmal zum Leben erwecken kann. Ach ja, Schach! Das würde ich auch gerne einmal wieder spielen. Die Regeln sind verständlich, da gibt es kein Abseits und Freistoß und so was.

Baseball und Cricket sind schon wieder irgendwie spannend. Solche Spiele kann man anschauen und versuchen nur aus dem Ablauf des Spiels auf die Regeln zu schließen. Es ist mir bisher noch nicht gelungen (und ja, natürlich könnte man die Regeln einfach nachlesen, aber da schlafe ich ein, noch ehe ich beim zweiten Satz angekommen bin – das muss am unterbewussten Desinteresse für Sport liegen). Vielleicht müsste ich auch einmal mehr als nur 5 Minuten zuschauen.

Während ich so meinen Gedanken über Sportarten nachhänge, hat sich die kleine Schwester bereit erklärt, Petzibär zu spielen. Offenbar sind ihr die Regeln sonnenklar! Ich kann mich also unauffällig zurückziehen bis …

… bis ich plötzlich den Schiedsrichter machen soll. Eine Aufgabe, die gar nicht so leicht ist, wenn man keine Ahnung von der Materie hat und noch dazu gerade nicht aufgepasst hat.

Aus dem Stereogeschrei der beiden kann ich aber schnell entnehmen, dass E und Z gerade beide der Petzibär sein wollen. Ich überlege mir rasch eine pädagogisch wertvolle Antwort á la „Ihr könnt euch doch abwechseln“, da hat E auch schon selbst die axiomatische Lösung gefunden:

Z kann nicht auch der Petzibär sein! Es kann nur einen geben!