Zahlen machen manchmal nachdenklich. Rund um den Jahreswechsel stolperte ich in der Zeitung über zwei Artikel, nach denen ich mich wirklich fragte, ob ich vielleicht doch irgendwann im falschen Film gelandet war. Das war übrigens eine meiner großen Ängste als Kind, wenn ich mit meiner Mutter ins Kino ging: Bei jedem Trailer stupste ich sie panisch an und teilte ihr meine Befürchtung mit, dass wir im falschen Film säßen. Nur mit Mühe konnte sie mich zurück auf den Sitz ziehen.
Aufregerartikel #1
Diese Zwischenüberschrift klingt doch schon fast wie in einer dieser Pseudodokus, in der 4/5 der Zeit nur die Frage, um die es gehen soll, wiederholt und immer wieder neu formuliert wird. Der Zuschauer wartet gespannt, aber zunehmend genervt auf Erklärungen statt ständiger Umformulierungen der Ausgangsfrage, denn die Frage ist längst bekannt, interessant wäre die Lösung. Und dann im letzten Fünftel der Sendezeit kommt die große Enttäuschung, weil kein bis kaum ein Wissensmehrwert geschaffen wird. Würden darauf Steuern eingehoben, könnte man sich durch Ansehen dümmlicher Dokus wohl einige Gutschriften anrechnen lassen.
Aber zurück zu noch nicht besagtem Artikel, um den es sich hier eigentlich handeln soll:
Ich gehöre nun also offiziell zu den Verlierern.
Punkt.
Oder noch passender: !!!
Gemäß einer neuen Studie bin ich eine von den ganz großen Losern hier im Land. Wenigstens bin ich es nicht ganz allein. Immerhin lautete der Titel:
„1970er und 1980er: Die Generation der Verlierer„
Ich – und meine ganze Generation, also.
Bevor ich den Artikel las, hatte ich mich eigentlich nicht als „ärmer“ und schon gar nicht als bedauernswert eingestuft, aber nun muss ich ständig daran denken, dass es angeblich alle vor und sowieso auch alle nach mir Geborenen besser erwischt haben – statistisch bewiesen.
Meinen Kindern brauche ich folglich keine bessere Zukunft zu versprechen, sie leben sie bereits.
Sich mit anderen zu vergleichen ist meist wie ein Sprungbrett: Oft geht es erst einmal hinauf, das Ego wird gestärkt, beflügelt und manchmal sogar in Höhen katapultiert, in denen die Luft schon dünn wird. Aber, wer in Physik aufgepasst hat oder zumindest gerne mit Steinen wirft, wenn er im Glashaus sitzt, weiß wie eine Flugbahn aussieht: Irgendwann ist der Zenit überschritten und dann geht es wieder hinab. Und gelegentlich misslingt auch der Sprung und man purzelt gleich direkt hinunter, ganz ohne Höhenflug dazwischen.
Aufregerartikel #2
Die österreichische Jägerschaft rüstet sich für die Wolfsjagd. Die Länderverbände besprechen sich auf Bundesebene (!), um gegen den bösen Wolf in geschlossener Front anzutreten.
In Österreich wird es auch wirklich schon eng: Fast
9 Millionen Menschen
3.2 Millionen Haustiere
2 Millionen Rinder
6 Millionen Legehennen
und zum größten Teil sehr effizient auf minimalen Platz untergebrachte 2.5 Millionen Schweine und 70 Millionen Mastküken.
Das reicht nun wirklich. Da bleibt für die 15 bis 20 (man braucht also schon Finger und Zehen zum Zählen!) einfach keinen Platz. Verständlich.
120.000 Jäger laden freudig ihre Gewehre, stampfen mit dem Huf auf und rasseln schauderhaft mit den Ketten. Ach nein, da dürfte mir etwas durcheinander geraten sein. Na ja, von mir ist nichts Großes mehr zu erwarten, ich gehöre ja zu den Verlierern. Aber wenigstens geht es bei mir nur um statistischen Reichtum, nicht ums nackte Überleben.
So wie du das schilderst, sind beide Artikel sehr stark verallgemeinernd… da bekomme ich auch immer so einen Hals! Das kann aber auch daran liegen, dass ich laut Artikel Nummer 1 sowieso keine Chance habe😉. Liebe Grüße, Viola.
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Wenn ihr Kriegsenkel Verlierer seid, sind wir Kriegskinder also Gewinner? Gut zu wissen. Zu den Schweinen und Wölfen mag ich nichts sagen, es ist zu traurig.
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Der Knackpunkt ist die Steigerung des Einkommens im Laufe des Lebens (soweit ich mich erinnere). Von daher ist eine Jugend in schweren Zeiten der Erfolgsfaktor schlechthin – verrückt!
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Wir hätten da gerade noch das (Über)-Leben der Schweine als verwandtes Thema zu bieten.
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Ach ja, genau: Ein Schwein hustet und hunderte werden abgeknallt. Sicher ist sicher. Dabei hat offenbar der Mensch den Erreger mit seinen Autos eingeschleppt. Da kann man nur hoffen, dass die Tiere nie Animal Farm lesen und den Spieß umdrehen. Die Grippesaison ist ja gerade im Kommen. *hust – huch!*
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