Nach dem Motto „Einen habe ich noch“ gibt es noch eine abc-Etüde von mir zu den 3 Wörtern, die Fundevogelnest gespendet hat und welche lauten:

Nieselregen
weich
irren

Die abc-Etüden sind eine Schreibeinladung (3 Wörter in maximal 300 Wörter verpacken) von Christiane.


 

Großraumbüros waren in. Je weniger Wände, desto besser, open space, flexi office, clean desk. Keine feste Sitzordnung mehr. Gut, die Zeiten der Grundschule waren vorbei, in denen man heulte, weil man nicht mehr neben der besten Freundin sitzen durfte, aber jeden Abend die Tastatur wegräumen und am nächsten Morgen erst einen freien Sitzplatz suchen, so es denn überhaupt einen gab, alles neu verkabeln oder eben wieder die Heimreise antreten und homeoffice machen – das konnte doch wirklich nicht die effizienteste Art zu arbeiten sein.

Ziemlich sicher war sie es nicht, aber es war eine sehr lukrative – zumindest für die Berater, die sich wichtig machten, wenn es um die Transformation vom herkömmlichen Arbeitsstil zum neuen ging. Man musste die Büros ja erst einmal umbauen, damit es auch wirklich weniger Schreibtische als Mitarbeiter gab. Telefone, Ausdrucke auf Papier? Alles Relikte aus der Steinzeit. Im digitalen Zeitalter wird alles „geshared“.

Während der Adaptierung des Gebäudes wurde die IT in einen Altbau übersiedelt. Rundum Hightech-Sicherheit, nur vor dem Fenster im Dachgeschoss tummelten sich die Tauben. Während ihre Kollegen die Vögel gelegentlich zu vertreiben suchten, machte ihre Tierliebe auch vor dem grauen Federvieh nicht Halt. Und so war sie es, der es auffiel, dass „Glotzi“ und „Plusti“ nicht nur bei Nieselregen, sondern selbst bei schüttendem Regen vor der Fensterscheibe auf und ab trippelten und hereinglotzten. Seltsam hölzern waren ihre Bewegungen, wenn sie sich putzten. Auf die Minute genau erschienen sie montags und donnerstags um 9:52 Uhr, dienstags und freitags erst um 11:04 Uhr und mittwochs um 7:55 Uhr. Eines Abends, als sie bereits alleine im Büro war, öffnete sie vorsichtig das Fenster und schnappte blitzschnell nach den Tieren. Sie war wenig verwundert, dass sie unter der Federschicht keine warmen, weichen Körper spürte. Wenn die Konkurrenz glaubte, dass sie kostenlos Betriebsgeheimnisse ausspionieren konnte, dann hatten sie sich ganz gewaltig geirrt!