oder: Orangen sind der neue Snack


zwider“ nennt man jemanden, der schlecht gelaunt, mürrisch, griesgrämig ist. Demjenigen ist gerade alles zuwider und er/sie lässt es seine Umgebung meist auch deutlich spüren.


Es gibt Menschen, die sind Morgenmuffel, andere werden abends Schlag 20.16 Uhr schlafzwider, weil es noch 44 Minuten dauert bis der Kriminalfall gelöst wird und sie doch eigentlich schon so furchtbar müde sind. Der unfaire Kampf Neugierde vs. Schlafbedürfnis, der in der einen oder anderen Form auch z.B. in Hörsälen zu beobachten ist.

Und es gibt Menschen die bekommen speziell vor den Mahlzeiten schlechte Laune, nämlich immer dann, wenn sie plötzlich feststellen, dass sie hungrig sind, aber das Essen noch nicht fertig ist.

Immer öfter kristallisiert sich heraus, dass meine Tochter zu jener Gattung Mensch gehört, bei denen die Stimmung mit steigendem Hungergefühl kippt. Und mit „kippt“ meine ich senkrecht nach unten – wie ein Klippenspringer von Acapulco. Hoch oben über dem Meer herrscht noch jauchzende Freude und dann geht es ab in die Tiefe, mit theatralischen Pirouetten, und innerhalb von Sekunden – Platsch! – folgt die Landung im kühlen Nass. Da rinnen die Tränen. Alles wird plötzlich aus einer ganz anderen Perspektive gesehen. Was eben noch wunderbar in Ordnung war, ist nun eine Ungerechtigkeit sondergleichen. Nichts ist mehr so, wie sie es sich wünscht, gut gemeinte Trostworte lassen die Gischt nur noch höher spritzen. Ablenkungsversuche öffnen lediglich weitere Schleusen.

Hangry ist eine Wortkreation, die es ganz genau trifft: angry wenn/weil hungry. Ja, das ist ein Phänomen, dem manch einer/eine hilflos ausgeliefert ist. Jener, der es „erleidet“ und alle rundherum ebenso.

Ich stehe also in der Küche und in ein paar Minuten wird das Essen auf dem Tisch stehen. Oder vielmehr würde … denn plötzlich stürmt mein kleiner Wirbelwind herein, ruft „Mein Magen knurrt schon“ und bekommt beim Anblick des gedeckten Tisches einen Schock. Danach folgen tränenerstickte Empörungen darüber, weil sie nicht helfen durfte, das Besteck hinzulegen und sie das doch unbedingt machen wollte – was vor 5 Minuten noch so klang:

Ich zu E: „Möchtest du aufdecken?“ – E: „Nein, Mama. Du sollst das machen!

Da fliegen dann auch schon einmal Löffel und Gabeln herum und Kleinkinder werfen sich brüllend auf den Boden, genau mir vor die Füße, wo ich doch gerade jetzt – im Endspurt der Mittagessenszubereitung – solche Störungen gar nicht mehr brauchen kann.

Mit deutlicher Verspätung aufgrund des „Emotionensturms“ und einem noch immer schniefenden Kind ist es dann irgendwann soweit: Wir sitzen alle beim Mittagessen. Die allgemeine Stimmung ist – milde ausgedrückt – angespannt. Doch kaum hat das Häufchen Wut und Elend neben mir seine ersten Löffel in sich hinein geschaufelt, lacht ihr der Schelm schon wieder aus den Augen, alle Gewitterwolken haben sich restlos verzogen.

Während E schon wieder ungebremst ihre phantastischen Geschichten zum Besten gibt, frage ich mich dann manchmal, wie es kommt, dass meine sonst so fröhliche Tochter so mürrisch werden kann? Wo hat sie das nur her? Ich schiele zu meinem Mann hinüber, der ist ja meist die Gelassenheit in Person. Also vielleicht von der Schwiegermutter, aufgefallen wäre es mir noch nicht, aber wer weiß …

Ich atme ein paar Mal tief durch, um mich nach dem minutenlangen Toben und Heulen das eben noch die Küche erfüllte wieder zu fassen. Es ist nämlich so, dass ich Störungen und die Launen anderer Leute besonders schlecht verdauen kann, wenn mein Magen leer ist und schon knurrt – da fällt es mir wirklich schwer, nicht hangry zu werden …

Ups!