Ich weiß ja nicht, was Myriade (vom Zungenbrecherblog la parole a été donnée à l´homme pour cacher sa pensée) so vorschwebte, als sie die drei Wörter

Salatschüssel
seidig
übernehmen

für Christianes abc-Etüden vorschlug (und ob es damit zusammenhängt, dass ich es mangels Babysitterverfügbarkeit nicht ins Kino zu „The House that Jack built“ geschafft habe?) aber mir ist heute dazu folgendes eingefallen:

Etüden 2019 04+05 | 365tageasatzaday

Der junge Polizeiwachtmeister musste sich übergeben, kaum dass er die Küche betreten hatte. Ein älterer Kollege mit weniger empfindlichem Magen hatte an seiner Stelle zu übernehmen und schritt nun mit nachdenklich zusammengekniffenen Augen und einem Taschentuch, das er sich vor Mund und Nase presste, den Tatort ab. Die Kotze des Dienstjüngeren umgehend inspizierte er, seinen prallen Bauch gemächlich vorausschiebend, jedes Eck.

Vom Tisch in der Mitte aus glotzte ihn, in einer Salatschüssel liegend, der Kopf des Opfers mit offenem Mund und toten Augen an. Die Haut der Hände, die säuberlich abgetrennt im Mistkübel lagen, schien fast seidig. Obwohl sie natürlich ganz blutleer waren und deshalb ungesund blass wirkten, dürfte ihr Besitzer nie schwer damit gearbeitet haben. Keine Schwielen an den Handflächen, dafür ein protziger Goldring am rechten Ringfinger.

Kein Raubmord also, aber das war allen Anwesenden sowieso klar gewesen, denn die Art wie die Leiche drapiert worden war, ähnelte ungelösten Fällen der letzten Monate.

Wie verrückt musste man sein, wenn man seine Mordopfer erst zerstückelte und dann so zurichtete, oder besser gesagt „anrichtete“. Der nackte Torso lag auf dem Tisch neben der Salatschüssel, garniert mit Petersilie wie ein Braten aus einer altmodischen Hausfrauenzeitschrift. Die Beine, zersägt und in einer nur teilweise eingetrockneten Blutlache schwimmend, befanden sich vor dem Mistkübel.

„Er hat wieder zugeschlagen“ seufzte der Chefinspektor, der hinzugerufen worden war.  „Das hier ist typisch seine Handschrift“ fügte er dann noch kopfschüttelnd hinzu. In diesem Augenblick bemerkte der Dicke, dass der Tote einen Zettel im Mund hatte. Er zückte seine Latexhandschuhe und trat einen Schritt näher an den Küchentisch heran, mitten in die Kotze seines Kollegen.

„E tu, Eden!“ stand leicht zerronnen auf dem Fetzen Papier und dann waren noch die ersten Buchstaben des Alphabets drauf gekritzelt: abc …

„Auch du Eden?“ Womit hatten sie es hier bloß zu tun?