Abfallglück.net hatte er sich registrieren lassen, als er mit der Schule noch nicht fertig war. Der Text unter „Über uns“ auf der Webpage lautete:

Unschuldig glücklich wird, wer sich von moralisch unwerten Machtbündnissen und irre geleiteten Glaubensrichtungen lossagt. Glück ist der Garant einer demokratischen Basis, die sich selbst lenkt, darauf bedacht, ihren ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten. Wir empfinden Freude daran, aus dem was andere als wertlos (Abfall!) betrachten wieder wertvolle Gütern zu machen und so anderen Freude zu bereiten.“.

Seine Schwester keppelte, dass er die Formulierung wohl dem Bullshitbingo entnommen habe. „Jetzt fehlt nur noch, dass du ausrufst, jeder Abfallglückliche sei sein eigener König! Hast du dir die Widersprüchlichkeit von persönlicher Freiheit und Individualmonarchie schon einmal überlegt? Das ist der Nährboden eines neuen Krieges!“

Murrend ließ sie sich zum Finance-CEO küren. Irgendjemand musste ja den Realismus einbringen in dieses idealistische Garagenunternehmen.

In Bausch und Bogen kaufte er die Retourware der großen Versandhäuser auf. Alles, was dort ausgeschieden wurde, wurde gereinigt, repariert und zu kleinen Preisen wieder verkauft.

Sein Diskontversandhaus wurde rasch zu einem der ganz großen Player im Versandhandel. Studentenscharen, als CO2-neutrale Fahrradboten, Langzeitarbeitslose mit den unterschiedlichsten Fähigkeiten, saßen Tisch an Tisch in der „Zentrale“, dem Laugerhaus, das er angekauft hatte, nachdem die Garage zu klein geworden war, packten aus, sortierten und reparierten.

Sie alle waren seine „Basis“. Ihr Werk sein Beitrag zur Rettung der Welt.

Die Umsätze wuchsen, weitere Lager wurden geschaffen, noch mehr billige Arbeitskräfte, die motiviert waren, aus „Abfall“ Schnäppchen zu machen oder mit reiner Körperkraft der Witterung und dem Straßenverkehr zu trotzen.

Sein Glück schien vollkommen als Forbes ihn unter „The world’s billionaires“ auflistete.

Doch der Ruhm hat ein Verfallsdatum, die Basis begehrte auf. Während seine Arbeiter lauthals streikten, igelte er sich in seiner Jahrhundertwende-Villa hinter hohen Mauern und stämmigen Sicherheitskräften ein.


Und noch ein Beitrag zu den abc-Etüden von Christiane diesmal mit den Worten von Etüdenerfinder Ludwig Zeidler:

Abfallglück
Verfallsdatum
unschuldig