Neue Woche, neue 3 Wörter. Wie immer maximal 10 Sätze – Christianes Schreibeinladung zu den abc-Etüden, diesmal mit einer sehr herausfordernden Wortspende von Myriade und – wie gewohnt – einer Illustration von Herrn lz

2017_48.17_eins_lz | 365tageasatzaday

Wie eine zarte Spitzendecke legte sich der erste Schnee über die Landschaft. Selbst im ausgetrockneten Flussbett blieben die Flocken liegen, erst zaghaft, sodass noch Erde und Sträucher hervorlugten, dann immer frecher und dichter bis alles weiß gefärbt war.

„Klöppeln ist auch eine Kunst, die seit unseren Urgroßeltern wohl kaum noch jemand beherrscht“ dachte sie und wunderte sich zugleich über ihre seltsamen Gedanken in dieser seltsamen Gegend. Gestern noch war hier Wasser geflossen und hatten nicht die Kinder aus dem Ort noch im Fluss gebadet!

Sie kratzte sich mit der rechten Hand am Kopf und bemerkte, dass sie einen kleinen Spiegel in der linken Hand hielt, den sie sogleich bis vor ihr Gesicht hob, nur um erschrocken festzustellen, dass ihr eine dicke weiße Haarsträhne auf die Stirn gefallen war.

Ein gellender Schrei hallte durch die Traumwinterlandschaft – Mitte August.

Der Arzt, Dr. Freudius, blätterte stirnrunzelnd in seinen Unterlagen, murmelte Unverständliches, schüttelte wieder und wieder den Kopf und sah gelegentlich fragend zu ihr herüber. Sie saß schweigend auf ihrem Sessel und wagte es weder sich zu rühren, noch etwas zu sagen. Jedes Mal, wenn er sie ansah, bemühte sie sich freundlich zu lächeln, was jedoch wohl nur wie eine furchterregende, dämliche Grimasse wirkte.

Nachdem er sich geräuschvoll geräuspert und eine ganze Weile mit den Fingern auf den Tisch getrommelt hatte, meinte er schließlich in einem sehr ernsten Ton: „Es wird ein sehr schwieriger und langwieriger Prozess werden, Sie von ihren Frozen-Panikattacken zu heilen, solange sie durch ihre Kinder ständig mit Elsa und Anna und dem ganzen lila- rosa-schneeweißen Eisköniginnenklimbim in Berührung kommen.“