Blogger unter der Lupe

Bloggen ist ein mehr oder minder intensiver Zeitvertreib, der schnell zur Sucht werden kann. Mitunter entwickelt sich daraus eine stete Suche nach Themen für den eigenen Blog,  ein permanentes Scannen des Alltags nach blogtauglichen Momenten und Erlebnissen.

Bei mir gestaltet sich die Suche eher so, dass ich sie gar nicht aktiv betreibe. Die Worte kommen vielmehr zu mir. Oder werden mir auch einmal von meinen Ghostreiterinnen untertänigst zur Begutachtung vorgelegt.

Meistens läuft es aber so ab: Irgendwann im Laufe des Tages springt mein Hirn nach einer Gedanken-Leerlauf-Phase plötzlich auf, läuft zum PC und fängt an, in die Tasten zu hämmern. O.K., das stimmt jetzt nicht ganz. Mein Gehirn gibt eigentlich nur die Befehle (an die Füße: „Rennt zum PC!“, an die Hände: „Schreibt!“), die aber meistens nicht unmittelbar umgesetzt werden. Die Beziehung meines Gehirns zu meinem Körper spiegelt damit ein klein wenig die Beziehung Mama-Tochter im Trotzalter wider.

Gewöhnlich kann ich mich genau dann nicht zum PC setzen, wenn mir gerade eine zündende Idee gekommen ist. Der Grund, oder vielmehr die beiden Gründe: Zwei Kinder, die (abwechselnd oder gleichzeitig) „Mama!“ rufen. Und ein bisschen Haushalt. Manchmal auch Kinder, die gerade nicht „Mama!“ rufen, sondern durch besonders große Stille auffallen (das spricht in der Regel für eine sofortige Anwesenheitsnotwendigkeit der Mama).

Statt die Gedanken sofort niederschreiben zu können (eigentlich ein seltsames Wort, ist es doch geradezu das wertschätzende Gegenteil von „niedermachen“), stapeln sich die Entwürfe nach und nach in meinem Kopf. Ein Überproduktionsdilemma! Bis abends sind die gedanklichen Beitragsskizzen unter einem Gebirge aus Frust, Vergessen und Verwerfungen begraben.

Bloggen erfordert sehr viel harte Arbeit.

Und Forschung, z.B.: Wann ist das timing für einen Artikel gut?

Im Prinzip immer dann, wenn der Beitrag endlich fertig ist und ich mich traue, den Publizieren-Knopf zu drücken. Will ich damit aber auch Leser erreichen, dann könnte man eine Wissenschaft daraus machen.

Mir jedenfalls passierte schon wiederholt folgendes: Nach tagelanger Überarbeitung eines ursprünglich rasch hingeworfenen Textes bei gleichzeitiger fremde-Blogs-lese-Abstinenz (der eigenen Authentizität wegen) halte ich das Geschriebene endlich für veröffentlichungswürdig. Und dann das: Der eigene Beitrag ist veröffentlicht, ich schaue zugleich entspannt und gespannt im wordpress-Reader nach, was sich auf den anderen Blogs so getan hat und – Bamm! – mindestens drei Artikel zu demselben Thema, nur irgendwie knackiger, lustiger, ergreifender, was-auch-immer-Komparativ-er.

Natürlich sind die Posts eigentlich ganz anders, aber ich selbst erkenne sofort die Zugehörigkeit zu eben jenem Themenkreis, dem auch mein druckfrisches Werk angehört. Und obwohl ich mir eigentlich sicher bin, dass ich die Idee selbst hatte oder sogar schon längere Zeit mit mir herum getragen hatte, komme ich mir vor wie eine Trittbrettfahrerin, eine Abschreiberin (eine von jenen, die in der Schule auch erwischt wird, weil beide Beiträge – der fremde und meiner, später! – sind ja online), eine Themen-Plagiatorin!

Was ist da also wirklich los? Ich habe lange gegrübelt und schließlich kam mir die Erleuchtung: Auf wordpress herrscht die Kraft der Gedanken!

Die Gedanken der Blogger werden auf (esoterischen?) Wegen vernetzt, stecken an, inspirieren, noch bevor man den Blog gelesen hat. Infos und Mitteilungen zwischen den Bloggern werden auch in ungeschriebener Form jenseits von Beiträgen und Kommentaren übertragen!

Dazu möchte ich heute ein kleines Experiment starten:

Benötigt werden der Gefällt mir-Button, eine eigene Meinung und ein Mundwerk.

Los geht’s!

Das Experiment

Meine Beiträge sind ja mitunter recht wortreich. Nun würde mich interessieren, was meine geschätzten Leser (ebenso wie die realen; Schätzwerte sind ja bekanntlich nur etwas Angenommenes und von der Meinung nur angenommener Leser habe ich nicht wirklich etwas, da könnte ich mir ja gleich irgendetwas selbst ausdenken) eigentlich wollen. Daher:

  • Wer möchte, dass ich kürzer schreibe und findet, dass ich in diesem Artikel zum Beispiel schon vor etwa 400 Wörtern auf den Punkt hätte kommen können, der drücke bitte JETZT den Gefällt mir-Knopf und sage laut „KURZ“ dazu. Und wer denkt, dass das Experiment professioneller wirkt, wenn Englisch involviert wird, der darf auch das im Österreichischen Politiksprech beliebte „SHORTLY“ benützen
  • Wer findet, dass alles so wie es ist, ganz gut ist, zumindest im Rahmen des Erträglichen oder dem es einfach wurscht ist, der drücke bitte JETZT den Gefällt mir-Knopf und sage laut „PASST“ dazu
  • Wer, aus welch unerfindlichen Gründen auch immer, tatsächlich will, dass ich noch längere Artikel schreibe, der drücke genau (einen Moment bitte, ich schaue gerade auf meine Stoppuhr, 21, 22, 23, ….) JETZT den Gefällt mir-Knopf und sage laut „MORE“ oder „MASOCHIST“
  • Wem das ganze hier zuwider ist und der keinen Gefallen daran finden konnte, der drücke bitte JETZT den „Gefällt mir„-Knopf besonders lange und wiederhole für die nächsten 30 Sekunden mantraartig den Satz „ICH WILL DAS GAR NICHT!“, um die gleichzeitig gesetzte Handlung zu negieren

Vielen Dank für’s Mitmachen!

Die Auswertung wird wie immer wordpress übernehmen.

Mich stellen Sie sich jetzt bitte mit geschlossenen Augen, „OOOOOOOMMMMMM“ murmelnd, den Kopf auf die Hände gestützt vor dem PC-Bildschirm vor, in mich selbst hineinhorchend und transzendental auf diese Weise zugleich in die Welt hinaushorchend.

Ich bin schon sehr gespannt auf die Ergebnisse. Und wie es bei Abstimmungen und Wahlen so üblich ist: mitmachen sollte jeder, ändern wird sich dadurch natürlich nichts!

OOOOOOOOOOMMMMMMMMMM