Man sollte es haben, aber in einer Gesellschaft ist es oft schwer durchzusetzen. So lange brüllen bis alle ruhig sind? „ES IST HIER VIEL ZU LAUT!“ Immerhin, wenn man sich akustisch durchsetzen kann, könnte das Vorhaben aufgrund seiner Absurdität Erfolg haben. Gutes Benehmen hört sich aber anders an.

Meistens ist es leider schwierig, genau dann die Ruhe zu bekommen, wenn man sie am notwendigsten hat. Wahrscheinlich braucht man sie auch genau dann am dringendsten, wenn es gerade sehr laut ist.

Manche werden es vielleicht kennen: Die eigene Stimme, die Geschichten, die man selbst erzählt, stört uns noch am wenigsten und doch schafft man es gelegentlich, sich selbst auf die Nerven zu gehen. Also ich kenne das zumindest. Es gibt schon Momente (Stunden, Tage) da würde ich mir am liebsten selbst das Wort verbieten. Leider drängen die Worte im Kopf unaufhörlich weiter Richtung Ausgang. Längst wissen alle, was ich will, nur tun will es halt keiner und deshalb labere ich weiter und weiter.

Im Allgemeinen bin ich aber mein zweitgrößter Fan. Mein größter Fan ist meine Tochte. Sie würde mir am liebsten den ganzen Tag zuhören, wenn ich aus Büchern vorlese oder Geschichten erfinde. Bei Büchern, deren Text ich schon fast in und auswendig kann (kein Wunder – die meisten Bilderbücher haben überschaubar viele Seiten und eine noch viel durchschaubarere Geschichte) schweifen meine Gedanken auch mal in die Ferne – weit weg vom vorhersagbarem Happy End. Der Mund scheint dann wie von selbst die Worte zu formen, die er vom Papier abliest, während im Geiste ganz andere Bilder entstehen. Eigentlich faszinierend. Aber ich schweife ab.

Das Recht auf Stille halte ich für eines der Grundrechte, das man haben sollte. Aber in der Öffentlichkeit funktioniert es schon einmal mehr schlecht als recht. Da wäre ja schon das Recht auf einen zuträglichen Lärmpegel ein Gewinn.

  • Schulklasse in demselben U-Bahnwaggon – Pech gehabt
  • Redefreudiger Mensch mit Handy in demselben U-Bahnwaggon – Pech gehabt
  • Sommerdisco über die Sperrstunde hinweg – wenn’s der Dorfbürgermeister genehmigt hat, Pech gehabt. Da hilft nur ein Sommergewitter.

Die Wünsche nach Ruhe korrelieren eben nicht immer unter den zur selben Zeit am selben Ort Anwesenden. Daher verstehe ich meine große Tochter recht recht gut, wenn sie sich gelegentlich beschwert, zum Beispiel …

  • morgens beim Frühstückstisch: „Ich will ein ruhiges Frühstück! Nur den Löffel darf man hören, wenn er „pling“ am Teller ankommt!“ rief E verzweifelt und funkelte die kleine Schwester vorwurfsvoll an, die uns begeistert eine Geschichte nach der anderen servierte, deren Ursprung wohl mehr der Fantasie und dem übergroßen Redebedürfnis entsprangen als der Realität

Tja, klingt sogar ein bisschen nach mir, wenn ich Migräne habe. Ups!

Oder

  • abends beim gemeinsamen Essen: „Der Papa hört gar nicht auf zu reden! Ich will auch etwas erzählen!“ – „Aber jetzt erzählt gerade der Papa eine Geschichte. Lass ihn ausreden…“ – E ganz weinerlich: „Aber seine Geschichte hat kein Ende!

Tja, woher das Kind seinen un(unter)brechbaren Redefluss nur herhat?