Weihnachten, das Fest der Liebe, der Familie, vor allem aber das Fest, das mit heißen, alkoholischen Getränken im dichten Gedränge auf offener Straße oder mit Dosen voller Kekse in Büros im kalten Licht von Neonröhren vorgefeiert wird.

Advent, die Zeit, die man in Warteschlangen zwischen den überstrapazierten Nerven wildfremder Menschen vor bemitleidenswerten Angestellten an Kassen und im stetig größer werdenden Termindruck in der Arbeit verbringt.

Einen Brief aufgeben vor Weihnachten? So einen echten, altmodischen mit Kuvert und hübscher Briefmarke, mit einem handgeschriebenen Brief darin? Wer gerne stundenlang Sozialstudien betreibt während er sich die Beine in den Bauch steht, für den ist das Postamt der perfekte Ort vor dem Heiligen Abend. Trotz der allseits gerühmten und beworbenen Digitalisierung gibt es hierzulande noch immer ausreichend Ämter, die auf Dokumente im fühlbaren A4-Holzschnitt-Format bestehen.

Die Heilige Familie und all die Bilder im Kopf von lieblichen Christkindern, die Friede ausstrahlend Geschenke unter den Weihnachtsbaum legen, von durch die Luft galoppierenden Rentieren, die den Schlitten voller Pakete und einen rotbäckigen Weihnachtsmann hinter sich herziehen. (Wie ein einziger Schlitten voller Packerl für alle Kinder vieler nördlicher Länder reichen soll ist mir bis heute ein Rätsel. Und sollte es jemals gelöst werden, würden sich die Post und andere Zustelldienste sicherlich brennend für das Patentrezept interessieren, denn die Ersparnis bei der Logistik muss gigantisch sein – Stichwort #Synergieeffekte)

„I’m dreaming of …“ – Der Traum von unberührten, schneebedeckten Winterlandschaften, von lachenden Kindern, die miteinander Schneemänner bauen, Schlitten fahren und schließlich das aufgeregte  Schweigen, wenn die Glöckchen läuten. Lächelnde Familien rund um den Gabentisch, die in Eintracht und Dankbarkeit zur Musik von „Stille Nacht, Heilige Nacht“  innehalten und den geschmückten Baum im Kerzenlicht bewundern.

Perfekt soll es halt sein. Einmal im Jahr.

Wo Yin, da Yang. Wo Ruhe herrschen soll, muss es auch einen aktiven Gegenpol geben, damit die Balance gewahrt wird. Also ist es wohl auch notwendig, dass vor dem angestrebten (selten erlebten) Weihnachtsfrieden alles auf den Kopf gestellt wird, die Hektik überwiegt, die schaufensterbummelnden Fußgänger genauso ausgeschimpft werden wie die eilig limitüberschreitenden Autorowdies. Alle, die einem ungelegen über den Weg laufen, bekommen den aufgestauten Grant der Hetzerei zu spüren, zumindest zu hören.

Aber das Ziel ist ein hehres: An einem einzigen Abend im Jahr soll dann plötzlich der ganze Stress und Neid und Ärger von einem abfallen, man selbst ganz ruhig werden bis hinein ins Innerste und der Kummer endlich stillschweigen.