Eine Woche Feriencamp. Fünf Tage. Am letzten Tag stand eine Präsentation der Kinder auf dem Programm. Mein Mann und ich nahmen an, dass die Kinder ein Lied für die Eltern singen würden, danach noch ein bisschen small talk mit anderen Eltern – and that’s it. Aber wir wurden eines besseren belehrt.

Wir kamen ein paar Minuten nach dem offiziellen Start der „Party“ in den Kindergarten. Zu früh wollten wir nicht kommen, da (störend) herumstehen während andere hektisch die letzten Vorbereitungen treffen, eben meist störend wirkt, und wer kann schon ahnen, dass ein Kindergartenfest ganz pünktlich beginnt. Aber, oh weh! Die Show hatte tatsächlich schon begonnen!

Die Kinderschar stand bereits versammelt „auf der Bühne“ vor einer noch viel zahlreicher erschienen Eltern-, Großeltern- und Geschwisterschar. Wir konnten nur noch einen Stehplatz ganz hinten ergattern. Damit wenigstens die kleine Z ihre Schwester vorne sehen könnte, hob sie mein Mann auf seine Schultern und schon ging es los. Also nicht die „Party“, die war ja schon in Gange. Kaum war das erste Lied verhallt, wurden wir von E entdeckt. Hoch erfreut winkte sie uns zu und verkündete laut den Anwesenden, dass nun auch ihre Eltern und ihre kleine Schwester da wären.

Unser Zuspätkommen wurde somit wirklich allen deutlich mitgeteilt.

Doch damit nicht genug.

Just an jenem Tag hatte ich vergessen, E eine Trinkflasche mitzugeben. In der morgendlichen Hektik hatte ich die Flasche zwar noch hergerichtet, sie aber nicht in den Rucksack gepackt. Schon bald nachdem E das Haus verlassen hatte, war mir dieses Malheur aufgefallen, aber da der Weg zum Kindergarten nur durch eine längere Autofahrt bewältigt werden kann, hatte ich dann davon abgesehen, die Flasche noch nachzubringen. E kann natürlich aus einem Glas trinken, aber in dem Feriencamp war es erwünscht, dass jeder seine eigene Trinkflasche dabei hat. Also kam es, wie es kommen musste: E war zunächst sehr unglücklich darüber, dass sie keine Flasche im Rucksack vorfand und ließ das die Erzieherinnen und die anderen Kinder auch laut und unverkennbar wissen. Bis Nachmittag war das Ganze dann zum Glück schon wieder vergessen. Eigentlich.

Oder auch nicht. Während sich die Kinder für ein weiteres Lied auf der Bühne anders aufstellten, posaunte meine entzückende Tochter ihr vormittägliches Leid heraus:

„Mama! Du hast heute vergessen, mir meine Flasche mitzugeben!“

Ich murmelte ein „Ich weiß es, Schatz. Ich weiß es.“ Das konnte sie natürlich nicht hören. Also sah sie sich genötigt, zu wiederholen, dass ich … Sie wissen es ja bereits. Und es wussten nun auch alle Anwesenden. Mein Mann weiß sich in solchen Situationen immer wunderbar einzubringen und rief E zu:

„Ja, aber nenn keine Namen!“

Allgemeines Lachen.

Nach dem nächsten Lied erinnerte mich E erneut (!) lautstark daran, dass ich … eh schon wissen. Ich sah mich schon einen Preis als „Schlechteste Rabenmutter des Feriencamps“ entgegennehmen, da rief mein Mann E zu:

„Ja, wir wissen es! Die Mama ist eh schon versunken. Wie ein Schiff“

Und im Vertrauen flüsterte er mir zu, dass er sich den Ausdruck „alte Fregatte“ gerade noch verbeißen hatte können.

Meiner Familie liegt mein Seelenheil wirklich am Herzen.

Ach ja, beim Hinausgehen lernte ich dann noch die Geschäftsführerin des Kindergartens persönlich kennen. Sie stellte sich mir direkt  in den Weg, als ich gerade an ihr vorbei hinaus spazieren wollte (da ich sie ja nicht kannte). Lächelnd streckte sie mir die Hand entgegen und meinte:

„Jetzt möchte ich doch unbedingt noch die Mutter kennen lernen, die vergessen hat, dem Mädchen die Wasserflasche mitzugeben!“