Schwarz, weiß und ganz viel Grau dazwischen. Das war einmal. Gibt es jetzt nur noch schwarz und weiß?
Hinausbrüllen will ich es in die Welt. Wären da nur nicht diese unerträglichen Kopfschmerzen, die mich beim leisesten Ton wimmern lassen.
„Genug!“ würde ich schreien. „Es ist genug! Wir haben es verstanden! Wir können uns nicht alle lieben. Aber muss man sich immer so weh tun?“
Liebe und Hass und etwas dazwischen. Doch das dazwischen, es ist nicht immer Schutz, oft keine Ruhezone. Gleichgültigkeit kann verletzen, Gleichgültigkeit kann töten. Gleichgültigkeit macht aus den anderen nur noch ein lästiges Beiwerk. Im Herbst schneidet man das alles weg. Die fast tote Natur, fort damit. Aus dem Blätterrauschen ertönt noch ein leises Ächzen und Stöhnen. Dann, irgendwann hört auch das auf. Alles verstummt. Nur der Schmerz nicht. In mir drin, um mich herum.
Mehr Platz für jeden. Jeder nur noch für sich und rühr mich bloß nicht an. Dicht gedrängt in der U-Bahn. Vor den Füßen stolpern sie herum, stehen im Weg. Wie soll das Ich froh werden?
Das Leben als gemütlicher Trott, als kleine Welt der eigenen Wünsche und Sorgen, das ist viel zu langweilig geworden. Den anderen den eigenen Stempel aufdrücken. Um jeden Preis. Das eigene Leben nur noch im Dienste einer Mission, einer zerstörerischen Mission. Ist das dann noch Leben? Alle sollen wissen, wie sehr sie hassen. Am meisten vermutlich sich selbst, sonst würden sie ihr Leben nicht wegwerfen, um andere zu zerstören.
Schwindel, Übelkeit, Schmerz – irgendwann hört es auf. Aber das Grauen draußen geht immer weiter.
Genug!
Dies „nichts-dazwischen-zulassen-können“ – ob das wohl mit der deutschen (und österreichischen) Geschichte zu tun hat? Mit diesem entsetzlichen Trauma, mit dem Unerhörten und nicht, niemals Erträglichen, den maßlosen Verbrechen unserer Kulturnation? Ich lese grad ein Buch, das mir fast die Haut abzieht vor Grauen. „Die Früchte vom Machendelbaum“ (Monika Köhler, 1980 bei Kindler erschienen). Alles, was ich langsam zu verdrängen gelernt habe, wird da wieder hochgespült. Und doch ist es wichtig, das Dazwischen zu leben, diesen großen wunderbaren Alltags-Bereich, wo wir ein wenig gut, ein wenig böse sind und in keinem Sinne perfekt. Liebe Grüße dir!
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Schwere Kost am frühen Morgen, aber du hast den Nerv der Zeit getroffen. Gut geschrieben. LG Ela🎅
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