In Zeiten, in denen man sich immer wieder besorgt fragt, mit welchen neuen Gefahren die eigenen Kinder aufwachsen werden, sollte man die kleinen harmlosen Freuden im Alltag vielleicht besonders wertschätzen.


Die Treppe in den elterlichen Erziehungshimmel

Nach dem Abendessen gingen wir mit den Kindern nochmals in den Garten, um den lauen Sommerabend zu genießen. Es wurde geschaukelt, gerutscht, gespielt. Und dann lief E plötzlich ins Haus und rief:

„Mama, machst du mir bitte die Stufe auf!“

Ich: „Die Stufe?“

E: „Ich will hinauf gehen. Ich will schon schlafen gehen.“

Mein Mann und ich: „—–“

Ungläubiges Schweigen. Es geschehen noch Wunder und Zeichen!

Mit Stufe meinte sie übrigens die Stiege, die durch ein Treppengitter gesichert ist. Ach ja, und oben angekommen, konnte sich das Kind nicht mehr wirklich an das Vorhaben, schlafen gehen zu wollen, erinnern. Aber einen kleinen Moment lang haben Papas und Mamas Herzen höher geschlagen.

Mein Mann kommentierte das geäußerte Begehr der 3-jährigen Tochter nach früher freiwilliger Nachtruhe übrigens nach einer „Schrecksekunde“ bereits in weiser Voraussicht mit den Worten:

Der kürzeste Elternwitz: Jetzt klappt es!


Der Künstlername

Wenn meine Tochter spielt, ist das ein bisschen wie bei einer Sportsendung. Man sieht das Bild und gleichzeitig gibt es eine Tonspur, auf der einem ständig erklärt wird, was gerade vor sich geht – ein nicht endender Kommentatorenbeitrag, gespickt mit Phantasiewörtern.

E spielte in der Sandkiste. Ich versuchte, ein paar Seiten, zumindest ein paar Absätze, also, vielleicht ein paar Worte in einem richtigen Buch ungestört zu lesen. E monologisierte vor sich hin:

„Du bist die Etzi, die Z ist die Petzi und ich bin die Fiki …“

Ich schaute erschrocken auf. Hatte ich gerade richtig gehört?

Ich: „Wie heißt du?“

E: „Ich heiße Fiki. Nur im Spiel heiße ich Fiki.“

Ich starrte meine Tochter kurz entgeistert an. Pädagogische Ratschläge ratterten durch meine Hirnwindungen, wie in einem Kurzfilm sah ich vor meinem inneren Auge boshaft lachende Jugendliche, die alle mit dem Finger auf meine kleine Tochter zeigten und riefen „Sie hat *** gesagt!“

Aaaah! Ganz ruhig bleiben, überlegt handeln.

Ich: „Das ist aber kein schöner Name. Es gibt doch viel schönere …

E: „Nein. Fiki ist schön. Das ist ein schönerer Name als Christine. Christine ist kein schöner Name.“

Ich: „???

Also ich finde Christine viel besser als aufklärungsbedürftige Phantasienamen.


DAS böse Wort

Wir frühstückten gerade. Plötzlich sagte E etwas zögerlich zu ihrer kleinen Schwester: „Du blöde Kuh“ und sah uns danach neugierig bis ängstlich abwartend mit ihren unschuldigen Rehaugen an. Mein Mann und ich waren … nicht geschockt. Ein wenig überrascht, ja, aber nicht geschockt. Es war zu erwarten, dass irgendwann das erste Schimpfwort mit nach Hause gebracht werden würde. Nun war es also so weit. Zum Glück war es „nur“ die ‚blöde Kuh‘. Um sich mit dem Prädikat „pädagogisch wertvoll“ schmücken zu dürfen, mussten wir jedoch versuchen, adäquat zu reagieren.  Ich antwortete also möglichst gelassen:

Wer sagt den so etwas?

E: „Im Kindergarten sagen das die Kinder. Aber das darf man nicht sagen.“

Sehr gut. Die Erzieherinnen hatten schon Vorarbeit geleistet. Mein Mann und ich pflichteten sofort bei: „Genau! So etwas sagt man nicht.“

Ich ergänzte noch, vom Tierschutzgedanken beseelt: „Kühe sind nämlich gar nicht blöd. Sie sind sogar sehr gescheit, also zumindest gescheit, also sie sind … auf jeden Fall sehr groß. Weißt du eigentlich, dass ich einmal von einer Kuhherde attackiert wurde?“

Und das Thema Schimpfwort war vom Tisch. Jetzt ging es um Mama und ihre wilden Abenteuer …

… aber davon erzähle ich vielleicht ein anderes Mal mehr  😉