Ich bin eigentlich nicht der Krimi-Fortsetzungsroman (lesende oder gar schreibende) Typ, aber meine Ideen zu dem „Jenseits von Eden“-Massaker haben sich nahezu verselbständigt. Hier also Teil 3, nach den üblichen Danksagungen an die Inspiratoren dieser Geschichte:

Christiane mit dem Aufruf zu den abc-Etueden und Myriade für die drei Worte:

Salatschüssel
seidig
übernehmen

Etüden 2019 04+05 | 365tageasatzaday

 

Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie hatte schon des öfteren Täterprofile erstellt, aber niemals hatte sie dabei einen konkreten Namen im Sinn gehabt. Allgemeine Aussagen über Alter, Geschlecht, Bildung, Persönlichkeit und vor allem die neuralgischen Punkte wie gekränktes Ego, Muttersöhnchen, Frauenhasser, perverse Vorlieben, das konnte sie klar vor Augen haben, jedoch ohne ein bestimmtes Gesicht.

Aber hier, heute, jetzt, das war etwas Anderes. Und natürlich war sie gerade dabei den dümmsten Fehler zu begehen, den man in der Verbrechensaufklärung machen konnte: Sie glaubte, es im Alleingang zu schaffen. Statt augenblicklich die Polizei einzuschalten, den Profis die weitere Arbeit zu überlassen, hatte sie beschlossen, dem Hauptverdächtigen persönlich einen Besuch abzustatten. Denn sie konnte nicht glauben, was sie ahnte. Sie wollte nicht wahrhaben, dass uralte Späße Ernst geworden sein könnten.

Dr. jur., abgebrochenes Medizinstudium, Latein als Zweitsprache. Ja, das gab es, Familien in denen zuhause Latein gesprochen wurde! Familien, deren Oberhaupt ein exzentrischer Lateinprofessor war, der Fleischkonsum verteufelte.

„Wenn einer einmal Amok läuft, dann Michael“ hatten sie auf dem Abschlussball gewitzelt. Über Lautsprecher hatten sie ihn vor allen Lehrern, Schülern und Eltern den „pathologischen Eigenbrötler“ genannt.

Die Tür zum Büro ihres ehemaligen Mitschülers stand einen Spalt offen. Sie musste an die Salatschüssel mit dem Kopf denken und griff unbewusst den seidigen Stoff ihres Blazers an. Das weiche Material  fühlte sich wohlig beruhigend an zwischen den zitternden Fingern.

Da hörte sie ein Rauspern. Vielleicht hätte sie ab hier doch lieber die Kripo übernehmen lassen sollen?

Eine unangenehm hohe Stimme sagte:“Hallo Michaela, was verschafft mir die Ehre“ und während sie eine starke Hand auf ihrem Unterarm ins Zimmer zog, fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.