Und noch ein Beitrag zu den abc-Etüden von Christiane diesmal mit den Worten von Etüdenerfinder Ludwig Zeidler:
Abfallglück
Verfallsdatum
unschuldig
Wiederum ein Thema, das viel zu oft übersehen wird, weil es sich meist im Geheimen abspielt beziehungsweise unter den Augen all jener, die nicht hinsehen wollen.
Scham, Schuldgefühle, Wut waren es, die sie die halbe Nacht wach liegen ließen. Er schlich durch die Wohnung, immer ein Glas Rum in der Hand und sie hörte sein besoffenes Kichern. seine sinnentleerten Selbstgespräche. Sie hatte diese dumme Angst, er könnte in ihr Zimmer kommen, zudringlich werden. Doch das geschah nie.
Für ihn zählten nur Burschen- Er brachte sie mit nach Hause. Sie war noch zu jung, um zu verstehen, dass diese Besuche keine Playdates für sie waren.
Sie war unschuldig und doch schien eine schwere Last auf ihr zu ruhen. Der Co-Alkoholismus zieht die seltsamsten Kreise. Ihr Vater war ein Mensch mit Verfallsdatum, so dachte sie: Erst war er dem Suff verfallen, nun verfielen Körper und Geist
Jeden Abend fürchtete sie den Moment, wenn er angetorkelt kam. Schwere Augenlider, ein dümmliches Grinsen – sie konnte ihm nicht ins Gesicht sehen. Das endgültige Verfallsdatum rückte näher, denn es soff sich zu Tode und alle Welt schaute schweigend zu.
Einmal wagte sie es, ihn anzuschreien, weil er nie nüchtern nach Hause kam. Daraufhin schimpfte ihre Mutter mit ihr, sich nicht in etwas einzumischen, das sie nichts angehe, als ob nicht die ganze Familie unter seiner Sucht litt.
Da war auch wieder die Schuld – kein Junge zu sein, die Familie zu zerstören, weil sie aussprach, was jeder dachte. Die Schuld, den Vater in den frühen Tod zu treiben, weil er nicht billigte, dass sie ihre eigenen Wege gehen wollte.
Abfallglück wäre es gewesen, wenn sie es geschafft hätte, sich aus diesen Fesseln zu befreien. Wenn der Apfel vom Stamm so schnell und weit weg gerollte wäre, Doch das tat er nicht. Sie fing an, Glas um Glas ihre seelischen Qualen hinunterzuspülen und es war wie eine Befreiung. Nun konnte sie sich hassen, statt ihn und sich durfte sie dafür angemessen bestrafen.
So. Genau so. Mich hat es nicht stofflich gekriegt, aber die Mechanismen hast du drin als Erwachsene/r/s und manchmal für andere Leute abstruse Eigenheiten. Ich kenne aber auch Leute, bei denen es eben genauso war, später selber am Mittel.
Ich habe keine Zahlen für Österreich, für Deutschland haben offizielle Suchtfachstellen mindestens 6 Mio. erwachsene Kinder von Alkoholkranken gezählt. Da sind die anderen Suchtformen noch nicht drin.
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Ja leider „vererben“ sich auch Süchte, selbst dann wenn man darunter gelitten hat, dass andere so waren wie man später selbst ist
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Ist doch klar, weil man normale Bewältigungsstrategien etc. nie erlernt hat und dann sieht man eben nur, dass man zum Beispiel ein schlechtes Gefühl „wegmachen“ muss, wenn es wiederkommt, muss er wieder weg… Das geht auch wenn man gleichzeitig im Kopf hat „Ich will mich gar nicht so verhalten“, das ist die Konditionierung und durch die Konditionierung wird sich halt immer ein neuer „Grund“ gesucht etc. völlig entgegen jeder Logik, aber es geht nicht anders. (In der Selbsthilfe nennen die das „Säuferhirn“.)
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Das geht mir richtig unter die Haut. Hoffentlich, hoffentlich ist alles nur Fiktion
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Beruht auf einer wahren Geschichte 😦
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So wahr, wie eine alltägliche und traurige Realität in vielen Familien, mehr als wir wirklich wissen. Alkohol ist die Droge Nr. 1 in der Welt und wird in meinen Augen noch immer klein geredet, aber er ist ja auch „nützlich“, besoffene Menschen gehen selten in den Widerstand.
nachdenkliche Grüße
Ulli
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Co-Alkoholismus, du benennst es. Da kommt einem das Bedürfnis, sich selbst zu retten, wenn man schon den Betroffenen nicht retten kann, wie Verrat vor.
Oh würde doch der Apfel rollen!
Liebe Grüße
Christiane
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Fatale Spiralen und sicher häufige Familienkonstellationen mit hoher Dunkelziffer.
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