„Copy that“ ist normalerweise kein Aufruf, zum Kopierer zu stürzen und wie ein wild gewordener Büroangestellter der 80er Jahre der Höllenmaschine Blatt um Blatt zu entreißen. Wäldersterben war gestern, und dass nur Haarsprays und Kühlschränke das Klima zerstören würden glaubt heutzutage wohl auch niemand mehr, außer vielleicht ein Mann mit unglaublich gelber, äh, blonder Haarpracht, der sich für den Mächtigsten überhaupt hält.

Copy that – das klingt nach einer Mischung aus strammer Militärmanier und cooler Agentensprache. Obwohl, wahrscheinlich reden die nicht wirklich so, oder?

Copy that war vor kurzem mein Begehr und doch fühlte ich mich nicht nur in der Zeit zurückversetzt – wer kopiert denn heue noch etwas statt es einzuscannen? – sondern auch mitten in einen Slapstickfilm der Marke versteckte Kamera geworfen. Das kam so:

Unauffällig schlich ich also zu einem dieser Monstren, zu denen sich moderne Kopiergeräte ausgewachsen haben. Eine schnelle Kopie (zwei Buchseiten) kann ja nur ein Klacks sein. Nach eingehendem, vergeblichen Studium der Möglichkeiten, die auf dem Display, welches größer ist als mein Pad, angepriesen wurden, drückte ich kurzerhand einfach den grünen Knopf. Und siehe da! Gleich darauf erhielt ich das Faksimile einer abgeschnittenen Seite meines Buches. Mist, nicht alles drauf! Also nochmals den grünen Knopf gedrückt (bei grünen Knöpfen kann ja sowieso nie etwas falsch sein, nur vor roten sei man gewarnt) und schon … erklang ein lautes, lästiges Piep Piep Piep.

Hä???

Nicht wie ein kleines Vogerl, zart und süß, sondern so richtig schön laut und durchdringend – ebenso wie die Blicke der Kollegen ringsum.

PAPIERSTAU!

Das Unwort des (Endes des) 20. Jahrhunderts.

Ja, Papierstau – Piep Piep Piep.

Natürlich erschien am Display sofort eine schrittweise Anleitung für die ganz Dummen. Öffnen Sie Einzug D – riet sie mir. O.K., dann machte ich halt mal, weil in der Arbeit muss die emanzipierte Frau selbst anpacken, da eilen keine Gentlemen herbei, damit sich das schwache Geschlecht nicht schmutzig macht.

Deckel auf. Falsch. Nächster Deckel auf. Auch falsch. Nirgends eine D, aber sonst alle Buchstaben und Zahlen von eins bis eine Million in Leuchtfarbe zu erkennen. Die Ortsbezeichnung auf dem Touchscreen ließ schließlich vermuten, dass das Corpus Delicti irgendwo ganz tief drinnen in den Eingeweiden des technischen Monstrums stecken musste. Chirurg bin ich dann doch nicht. Also, unauffällig weggeschlichen vom Gerät.

Ein paar Stunden später sah ich einen Kollegen erfolgreich Papier dem Kopierer släsch (/) Drucker entnehmen. Ha! Der Papierstau dürfte behoben sein. Neuer Versuch – M. Mama schritt unvermittelt zur Tat. Erstes Blatt – funktioniert. Da ich das Buch aber schon wieder falsch eingelegt hatte (wie viele Möglichkeiten dazu gibt es eigentlich? Also nicht statistisch gesehen, sondern eher sadistisch), musste ich den sympathischen grünen Knopf noch einmal betätigen. Und Piep Piep Piep PAPIERehschonwissen.

Aber für M. Mama gibt es keine Mission impossible, sie weiß sich zu helfen. Leger marschierte ich zum anderen Kopierer – den Weiten des Büros sei Dank, gibt es ja mehrerer dieser Höllenmaschienen an einem Ort. Lässig den grünen Knopf gedrückt und Seite 1 endlich erfolgreich kopiert. Ha, nur noch schnell Seite 2 und schon bin ich wieder we….. wähähähä. Nein, das war nicht das Geräusch, welches der Kopierer von sich gab. Der machte Piep Piep Piep Piep Piep Piep Piep Piep Piep ….

Ja wirklich, er hörte gar nicht auf zu piepen, bis ich den erlösenden orangefarbenen Abbruchknopf gefunden hatte.

Papier nachlegen.

Na gut, das ist ja wirklich eine Anfängerübung und wenigstens etwas anderes als so ein unüberbrückbarer Papierstau. „Haupteinzugsfach“ – aha. Alle schön ordentlich beschriftet mit 1 bis n, aber wo, bitte, war dieses vermaledeite Haupteinzugsfach??? Das Monstrum und ich konnten uns dann darauf einigen, dass er nach jedem Kopierversuch meinerseits piepte und ich ihm ein Fach nannte, welchem er das Papier zu entnehmen hätte. Nach gerade Mal 10 Blatt war ich dann auch schon soweit, 2 lesbare Kopien vor mir zu haben.

Ja, es ist gut, dass das Kopieren nur noch ein Relikt der Vergangenheit ist. Copy that.