Was haben Desperate Housewives, Grey’s Anatomy und The Good Wife gemeinsam? Richtig! Es sind Serien, die ich mag. Gut, das ist jetzt noch keine Serien-Charakteristik, die man auf Wikipedia finden würde, obwohl ich so ein M.Mama-köchelt-was-Verzeichnis für gute Serien für eine reizvolle Idee und eine nahezu unabkömmliche Ergänzung des bereits im Überfluss vorhandenen Contents im Internet in Bezug auf Serienwissen, -kommentare und -bewertungen halten würde. Frei nach dem Motto „das hat den on-demand-streaming-channels gerade noch gefehlt“.  Andererseits klingt es nach viel organisatorischer Arbeit, von welcher ich schon im Haushalt mehr als genug habe. Also kein Mama-Index.

Zurück zum Binge-watching: Diese drei Serien (so wie vermutlich auch viele andere) handeln von Frauen und gelegentlich eingestreuten Männern zwecks Verkomplizierung von Beziehungen. Jedenfalls sind die Frauen serientitelgebend, allesamt Amerikanerinnen und darüberhinaus Mütter.

Zugegeben, bei Grey’s Anatomy dauert es ein paar Staffeln, bis die Kinderlein endlich da sind, aber wer in Biologie aufgepasst hat, weiß ohnedies, dass es vom „Ich will ein Kind!“ bis zum (erschöpften) „Ich habe ein Kind“ eine gewisse Vorlaufzeit und fast so etwas wie eine cool-down Periode gibt:

Aus der ersten Euphorie nach ausreichender Bewunderung des positiven Schwangerschaftstests wird rasch die morgendliche Röhrübung auf der Toilette. Wenn dann nach fast 40 Wochen (ja, es sind keine 40 Jahre, aber es zehrt trotzdem ziemlich an den Kräften) schon das Ziel ganz knapp vor Augen scheint, steigern sich die Wehwehchen noch einmal gehörig und die Hochschwangere fällt tagsüber durch watschelnden Gang, Kurzatmigkeit, Hohlkreuzhaltung und Hippopotamusfüße auf, während sie nachts aufgrund der unbequemen Sitzposition kaum noch schlafen kann.

Diese Serienmütter dagegen sind wahrlich faszinierende Wesen:

(Haus)frau, Mutter, Karrierefrau – alles par excellence und das obwohl die hollywoodschen Schreiberlinge bemüht sind, ein paar reale Züge in den Geschichten einzuarbeiten. Also bei Grey’s Anatomy gab es in den 11 Staffeln immerhin eine Folge, in der McDreamy müde durch das Spital schlurft, weil sein neugeborener Sohn „Schlaf zu hassen scheint“. Also 1 aus 100 – hm. Realistisches Verhältnis?

Die Serienmütter

  • sehen schon morgens im Bett so hübsch aus wie nach dem Staffelende auf dem roten Teppich bei den Emmy-Awards
  • ihre schicken Häuser sind stets aufgeräumt, wenn sie nach einem langen Arbeitstag nach Hause kommen und in den Regalen ihres vorgeblich auch von Kindern bewohnten Hauses steht jede Menge zerbrechliches Designer-Dekoklimbim
  • sie werden nur ganz selten dabei gezeigt, wie sie die Schmutzwäsche sortieren
  • sich mit dem halben Stadtviertel nach Bürofeierabend in den Supermärkten, übervolle Einkaufswägen vor sich herschiebend, durch die Gänge plagen
  • oder sich nach einem erholsamen Mittagsschlaf sehnen
  • Oft frage ich mich sogar, wie sie überhaupt an Lebensmittel kommen, wo sie doch jederzeit, auf Zuruf des attraktiven Vorgesetzten Überstunden bis weit nach Mitternacht einschieben
  • nie die gefühlten 300 Mal ihre Kinder daran erinnern müssen, endlich den Pyjama anzuziehen, auf’s Klo zu gehen und beim Essen nicht nur herumzublödeln.

Ihre Kinder werden ohnedies niemals krank oder wachen nachts jede Stunde auf, um nach der Mama zu weinen. Und ist der gute Nachwuchs erst einmal in „Day-Care“ oder beim Babysitter, können sich die Mütter nicht nur vollends ihren eigenen Plänen und Hobbies widmen, frei von erkennbaren Zeit- und Gewissensdruck aufgrund der vielen Stunden, die die Kinder fremdbetreut verbringen, nein, die Kinder sind die nächsten paar Folgen in der Serie nicht mehr existent.

Ein reales Mütterbild? Sagen wir es einmal so: Wären es Dokumentationen, dann wären McDreamy und Mike Delfino statt spektakulär und tragisch aus dem Leben zu scheiden einfach nur langsam älter, fett und häßlich geworden.

Und wie sieht es bei mir als berufstätiger Mutter im Dauerspagat zwischen Haushalt und Beruf aus?

5.30 Uhr: Ich springe frisch und gut gelaunt aus dem Bett und freue mich auf einen neuen Tag, oder ich versuche zumindest irgendwie in die Senkrechte zu kommen, selbst wenn die Gelenke knarren und sich die Augen nicht öffnen lassen. Der Ablauf des Morgens ist durchgeplant. Schaffe ich es im Zeitplan zu bleiben bis die Kinder aufstehen, bin ich also hochmotiviert und harre dem gemeinsamen Frühstück und der im Büro auf mich wartenden Aufgaben.

Ja, ich arbeite gerne, weil sich meine Tätigkeit und meine Interessen überschneiden und die Unterhaltungen und Problemstellungen in der Arbeit eine wunderbare Abwechslung zum Umgang mit meinen beiden kleinen Schätzen darstellen.

7:00 Uhr: Die Kinder sitzen beim Frühstückstisch und es gibt ein epochales Drama, weil

  • der Trinkbecher nicht die richtige Farbe hat
  • die Mama die Treppe als erste hinunter gegangen ist
  • es jetzt völlig unerwartet Frühstück gibt, statt mindestens ein Buch vorgelesen zu bekommen
  • die Mama ins Müsli zu viel/zu wenig/überhaupt Milch geschüttet hat

Ja, ich arbeite gerne, aber besonders an Arbeitstagen fühle ich mich durch solche Zwischenfälle gar nicht so cool wie eine der Serienmütter, sondern minütlich um Jahre alternd, vor dem Frühstück schon wieder totmüde und vor allem über alle Maßen genervt.

8:45 Uhr: Wenn jetzt der Zug pünktlich ist/Verspätung hat, werde ich selbst zur Dampflok, weil ich nämlich gerade erst zum Bahnhof hetze/es einmal geschafft habe, pünktlich am Bahnsteig anzukommen

Wie ich es auch drehe und wende: Von einer Serienmutter bin ich meilenweit entfernt, aber immerhin gibt es bei mir zu Hause Drama in Serie.