Kürzlich berichtete ich darüber, dass meine größere Tochter mit ihren stolzen 3 ¾ Jahren den Materialismus unserer Zeit bereits gründlich in sich aufgesogen haben dürfte.  Ich überlegte lange, wo dieser schier unbegrenzte Wunsch des Besitzenwollens herrühren könnte. Da sie noch sehr jung ist, (und sonst eigentlich auch) kommen nur zwei Faktoren als Verursacher in Frage:

  1. Die Gene
  2. Die Umwelt

Nun gibt es Ferengi-Weisheiten, die nicht nur besagen, dass Besitz des Besitzes wegen gut sei, sondern vor allem auch, dass die Gier unendlich ist („Greed is eternal“). Somit also Dummheit und Gier. Meine Tochter ist (und das sage ich jetzt nicht nur als super stolze, förderwütige Helikopter-Mama) natürlich keinesfalls dumm, aber immer wieder Mal auffallend materialistisch.

Prüfen wir also die Einflußfaktoren. In unserer Familie sind mir keine Ferengi bekannt und im Stammbaum weder ein Ebenezer Scrooge noch ein Dagobert Duck zu finden. Gene können wir also gleich von vornherein ausschließen.

Bleibt nur die Umwelt. Diese besteht einerseits aus der Familie und andererseits aus dem Kindergarten. Aha! Da haben wir ja schon den Übeltäter!

All diese entzückenden kleinen Kinder, die mir ihren Blink-Stiefeln und Glitzer-Prinzessinnen-Monster-Truck-Was-auch-immer-Rucksäcken jeden Morgen in den Kindergarten stapfen und zu ihrem Geburtstag allen (!) Kindern ihrer Gruppe kleine Geschenke mitbringen.

Was soll das überhaupt heutzutage mit dieser Art von Geburtstagsfeiern in den Kindergärten? Früher wurde ein Lied gesungen und das Geburtstagskind (und zwar nur das Geburtstagskind) durfte sich ein Kaugummi-Automaten-Plastik-Dings aus einem Körbchen aussuchen. Das war es. Heute wird gefühlt jede zweite Woche ein Geburtstag im Kindergarten mit Torte oder Muffins und kleinen „Aufmerksamkeiten“ für alle anderen gefeiert, weil die es sonst psychisch womöglich nicht verkraften könnten, wenn sie nicht auch beschenkt und gefeiert werden? Also wirklich! Das zählt für mindestens 50% des erlernten Materialismus!

Dann bleiben noch  *nach Monte-Carlo-Simulation gestützter Hochrechnung, numerisch angenähert *  ca. 50%, die aus dem anderen Teil der Umwelt kommen müssen, der Familie. Mal sehen. Da wäre ich, die Mama. Gut, ich bemühe mich ja wirklich dem Kind den Wert der Dinge zu vermitteln:

Kindern haben selbst für die einfachsten physikalischen Eigenschaften von Dingen noch nicht wirklich ein Gespür. Es leuchtet ihnen intuitiv NICHT ein, dass viele Gegenstände zerbrechen, wenn sie geworfen werden, oder wenn man sich darauf stellt oder setzt, daran herumzerrt oder sie mit anderen Gegenständen bearbeitet. Wann immer E gerade dabei ist, grob fahrlässig oder einfach nur grob, eines ihrer Spielzeuge kaputt zu machen (oder zumindest seine Fabrik-gegebene Intaktheit arg zu gefährden), rufe ich, dem Treiben Einhalt gebietend zu:

Wenn du das kaputt machst, hast du kein X mehr! Dann müssen wir ein neues kaufen!

Was sie daraus hören sollte ist selbstverständlich mein implizites „Etwas Neues kaufen bedeutet Geld ausgeben, das bedeutet, man muss das Geld erst einmal verdienen, also dafür arbeiten!“ Das klingt aber vielleicht gar nicht so vordergründig mit wie erhofft. Meine Tochter hört anscheinend so etwas wie:

Wenn du das kaputt machst, ist das alte X kaputt. Dann muss ich mit dir einkaufen gehen, um ein neues X, und vielleicht sogar noch etwas anderes Neues zu besorgen!

und sie denkt sich: Juhu!

Ich werde meine Formulierung wohl überdenken müssen …