… mit der Schaukel. Aber fangen wir vorne an.

Prinzipiell

Ich habe ein paar Prinzipien bezüglich Kindererziehung. Sie werden zwar immer weniger (die Prinzipien, nicht die zu erziehenden Kinder – deren Zahl ist bislang eine Konstante), umso mehr ich versuche, sie auch in der Praxis umzusetzen, aber bei ein paar Dingen bin ich streng.

Beispielsweise wird am Esstisch während des Essens nicht gelesen oder ferngesehen. Mahlzeiten sind eine wunderbare Gelgenheit für Gespräche. Die Sache mit dem Fernsehapparat fällt genau genommen ohnedies weg, da wir gar keinen haben, den man vom Eßtisch aus sehen könnte.

Alltag mit Kindergarten

Wenn die Kinder in den Kindergarten kommen, wissen Mama und/oder Papa plötzlich nicht mehr, was der Sprössling den lieben langen Tag eigentlich so treibt. Solange die Kinder zu Hause sind, weiß man über alles Bescheid, ob man nun will oder nicht. Dann, plötzlich, ändert sich das.

Morgens das Kind im Kindergarten „abgeben“, danach „Black-Box“ und nachmittags das Kind wieder abholen. Dazwischen können emotionale Welten liegen, z.B. aus lustig wird traurig, aus munter wird müde, aus müde überdreht und aus traurig wird lustig. Oder aber das Kind weint morgens, weil es gerade heute zu Hause bei der Mama bleiben wollte und das Kind weint nachmittags, weil es gerade heute so gerne noch länger im Kindergarten bleiben wollte. Die Black-Box Kindergarten ist für Nicht-Eingeweihte, also die Nichtanwesenden schwer durchschaubar und tatsächlich unmöglich voraussagbar. Da hilft weder eine statistische Erhebung noch die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Man muss nehmen, was man bekommt: Lachendes Kind, nörgelndes Kind, schmutziges Kind, sehr schmutziges Kind. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Das Tolle daran: Mit einem Kindergartenkind zusammen zu leben ist fast wie das tägliche Überraschungsei: Es wird viel gespielt, oft gibt es eine Überraschung, rundherum sind sie auch mal süß, Schokolade ist die Krönung und Spannung gibt es in Serie.

Kindergartenkinder lassen sich grob in zwei Sorten einteilen: Jene, die gerne erzählen, was sie alles erlebt haben und jene, die das nicht tun. Man sollte den Kindern zuhören und die Möglichkeit geben, zu erzählen, wenn sie wollen. Gelegenheit dazu gibt es zum Beispiel beim gemeinsamen Essen. Daher gilt wie gesagt: Reden statt fernschauen.

Ich bin mit einem Kind der ersten Sorte gesegnet. Das läuft dann so ab:

Tag X

Wir essen.

Mein Mann berichtet, dass die Kindergärtnerin ihm beim Abholen gesagt hat, dass E einem anderen Kind (Kiesel)steine ins Haar geworfen hat.

Mein Mann und ich erklären E nachdrücklich, dass man so etwas auf keinen Fall tun darf.

Tag X+1

Wir essen.

Mein Mann berichtet, dass die Kindergärtnerin ihm beim Abholen gesagt hat, dass E einem anderen Kind heute geholfen hat, sich selbst (Kiesel)steine ins Haar zu geben. E wollte also nur hilfsbereit sein. Das andere Kind hat selbst damit angefangen, bla bla. E war diesmal also nur „teilschuldig“.

Mein Mann und ich freuen uns, dass E dazu gelernt hat und immer ein hilfsbereites Kind ist. Dann verdrehen wir pflichtbewusst die Augen, räuspern uns kurz und erklären E nochmals, dass Steine im Haar/am Kopf/am Körper insbesonders von anderen Kindern nichts zu suchen haben.

E verspricht, das in Zukunft zu berücksichtigen. Welche Zeitspanne dieser Zukunftsbegriff umfasst, wird dabei allerdings nicht weiter erörtert.

Wir essen weiter.

E erzählt, dass ein Mädchen heute sehr geweint hat.

Mein Mann und ich zeigen uns besorgt und fragen nach, was der Grund war.

E berichtet: „Weil ich sie mit einem Stock geschlagen habe.“

Mein Mann und ich fallen gleichzeitig fast vom Sessel (jeder von seinem eigenen).

E fügt rasch hinzu: „Ich habe sie nicht gesehen!“

Mein Mann und ich atmen etwas auf, erklären dann aber vorsichtshalber, dass man andere auf gar keinen Fall schlagen darf und immer gut aufpassen muss, wenn man im Garten spielt.

E nickt und erzählt weiter:

Ich habe heute die Schaukel angeschubst…

Mein Mann und ich freuen uns für sie.

„… und dabei habe ich einen Buben – rumms – umgeschubst

Mein Mann und ich seufzen tief, (holen eine Münze, werfen sie und der Verlierer muss E) erklären, dass man beim Schaukeln immer aufpassen muss, bla bla bla.

Fazit

In Zukunft werde ich lieber einen Fernsehapparat in die Küche stellen und die Nachrichten während des Essens einschalten. Da bin ich wenigstens nicht für alle schlechten Meldungen mitverantwortlich …

P.S.: Von welcher Familienseite sie so ein ungestümes Verhalten hat, ist uns ein völliges Rätsel. Also ICH war auf jeden Fall immer ein sehr braves Kind …