Ein 3-jähriges Kind zur „Wohngemeinschaft“ zählen zu dürfen bedeutet unter anderem, dass man viele Fragen beantworten muss, sehr viele Fragen, und viele beginnen mit „Warum …?“
Nicht immer weiß ich eine (gute) Antwort auf jede Frage. Gelegentlich reime ich mir die Wirklichkeit rasch so zusammen, wie sie mir noch kindgerecht erklärbar scheint. Inwiefern das dann der Wahrheit (ein schwieriger Begriff) noch gerecht (auch nicht leichter) wird, sei dahingestellt. Ich bin also vielleicht nicht immer eine Wahrsagerin. Was insofern ganz passend ist, als ich mich auch nicht zu dem Menschentypus zähle, der an das aus Handlinien gelesene Schicksal oder Kristallkugelanalysen glaubt. Nur Orakelsprüche und Weissagungen, die sollte man vielleicht ernst nehmen, das lehren uns die ganz großen Dramen und einige Zauberlehrlingsbücher der neueren Zeit.
Während meine Tochter im Kindergarten ist oder nachts brav in ihrem Zimmer schläft, während sie vor sich hinmurmelnd spielt (sie ist ihr eigener steter, lauter Narrator) und oft einfach nur so, in kurzen Momenten des Alltags, schleicht sich in meinen Kopf zwar keine Wahrsagerin, jedoch eine recht insistente Wahrumfragerin ein. Das klingt dann in etwa so:
„Darf das denn WAHR sein?! WARUM …
… sind auf engen, kurvigen Straßen, auf denen Überholen bei gesundem Menschenverstand und unter Einhaltung der Verkehrsordnung eigentlich völlig ausgeschlossen ist, immer die Schleicher direkt vor und die aggressiven Drängler unmittelbar hinter mir?
… entdecke ich oft ausgerechnet dann verblüffende Ähnlichkeiten zwischen meiner Tochter und mir, wenn sie mich gerade wieder einmal den letzten Nerv kostet?
… finde ich zwar Zeit dafür, auf meinem Blog darüber zu klagen, dass ich für meine anderen Hobbies keine Zeit habe, aber nicht für die Hobbies selbst?
…zeigt meine Bank bei einer internen Umbuchung zwischen zwei Konten zwar die Lastschrift auf dem einen Konto sofort, aber die Gutschrift auf dem anderen Konto erst später an? Nur um mich nervös zu machen?
… ist ein in die Wäsche geratenes Papiertaschentuch nach dem Schleudergang noch immer reißfest und unverwüstlich, während die schwarze Feinwäsche (natürlich die, bei der pflegeleichten, hellen passiert so etwas ja grundsätzlich nie) ein Fall für die Tonne ist?
… ärgere ich mich bei jeder Folge von „House of Cards„, dass niemand das Faß am Ufer des Potomac Rivers, das im Vorspann gezeigt wird, endlich wegräumt? So eine Umweltverschmutzung! Die Machtgelüste und -intrigen der Underwoods & Co. gereichen mir hingegen zur Unterhaltung. O.K., ein paar Mal schlagen sie schon über die Stränge …
… bedeutet die Entscheidung zu einer Familie für den Mann oft eine Bereicherung seines bisherigen Lebens z.B. durch nette Familienfotos am Schreibtisch im Büro, während es für die Frau bedeutet, dass kaum noch etwas von ihrem bisherigen Leben so bleibt wie es war?
… entspricht das Bild, welches ich von mir selbst habe noch immer den Fotos aus jüngeren Jahren, aber nicht der Person, die mich aus dem Spiegel morgens anstarrt?
… habe ich an 6 von 7 Tagen einen bad-hair-day, und am 7. ist eigentlich der Spiegel der einzige, der es mitbekommt, dass heute meine Frisur perfekt sitzt?
Und manchmal lautet die Frage auch einfach nur:
WARUM ICH?! WARUM AUSGERECHNET ICH?!
Du sprichst mir aus der Seele… wo wollten wir uns gleich nochmal auf nen Kaffee treffen??? 😉
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Spätestens beim nächsten Bloggertreff – du bist als Zellchen ja sicher eindeutig zu erkennen und ich bin die, mit den, über ihrem Kopf schwebenden Fragezeichen und der vielen Schokolade unterm Arm 😉
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Eindeutig „das Kind in dir“ 😀
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Ich beginne zu ahnen, warum eine WAHRsagerin auch HÖLLseherin genannt wird…
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„… entspricht das Bild, welches ich von mir selbst habe noch immer den Fotos aus jüngeren Jahren, aber nicht der Person, die mich aus dem Spiegel morgens anstarrt?“
Das ist etwas, was mir so Mitte Zwanzig auffiel. Ich hatte mich lange Zeit nicht älter als 17 mental abgespeichert, was die Optik anging. Jetzt, mit Anfang 30 hat sich das Bild so in die Richtung 21 verschoben, aber letztlich ist es immer noch da ^.^ Das Bild der Jugend; immer wieder in Umkleidekabinen eine kalte Dusche. *seufz*
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Der Sprung von 17 auf 21 war natürlich heftig, nehme ich an 😉 (Von den Zahlen kann ich ja nur noch träumen)
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^.^ Man redet sich selber ein, dass es doch gar nicht mehr so jung sein kann, aber das Ego passt sich nur langsam an 😀
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Das stimmt. Ich hoffe, dass es auch lange so bleibt, nur beim Outfit sollte man sich irgendwann anpassen, sonst wirkt es irgendwann ungewollt komisch (Hello Kitty und nur Glitzerpink mit 50 ist nur etwas für Leute, die um jeden Preis auffallen wollen oder unverbesserliche HK Fans)
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Zum Glück hatte ich nie SO einen Geschmack 😀
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Sei froh über das unverwüstliche Papiertaschentuch, das sich in der Waschmaschine nicht in unzählige kleine Fetzen zersetzt hat, die sich an den anderen Wäscheteilen festsetzen…. So eine Sauerei hatten wir schon einige Male, mit anschließenden Schimpftiraden an die (mittlerweile) allesamt erwachsenen Familienmitglieder, die es einfach nicht schaffen, die Taschen ihrer Wäschestücke fristgerecht vor dem Waschgang zu leeren.
Stofftaschentücher sind das kleinere Übel, wobei vor vielen Jahren irgendwie eines durch Kinderhand in der Toilettenschüssel gelandet ist und zu einer hartnäckigen Verstopfung der selbigen geführt hat…
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Das eigenartige ist, dass es Papiertaschentücher sind, die scheinbar heil aus der Wäsche kommen und TROTZDEM auf jedem einzelnen Wäschestück Fusseln hinterlassen haben! Und meistens bin es sogar ICH, der noch irgendwo eines eingesteckt hatte (weil ich für die Kinderrotznasen ja stets Ta-Tü griffbereit brauche), es aber vor dem Waschen nicht entdecken konnte 😦
Ui, Toilette und viele Stofftaschentücher – das möchte ich auch nicht „ausbaden“ müssen 😉
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Ausgezeichnete Schöpfung.
„… bedeutet die Entscheidung zu einer Familie für den Mann oft eine Bereicherung seines bisherigen Lebens z.B. durch nette Familienfotos am Schreibtisch im Büro, während es für die Frau bedeutet, dass kaum noch etwas von ihrem bisherigen Leben so bleibt wie es war?“
Ja, die Bilder von der Familie sind beinahe so bereichern, wie die Fotos von Essen, die Männer auf ihre Schreibtische stellen.
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Fotos von Essen? Was stellst du dir denn im Büro so neben deinen Monitor? „Das war mein Lieblingsgulasch, bevor ich es vertilgt habe?“
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Chili, Frau, Chili. Das hier ist nicht Russland. (Ja, Chili ist universell männlich, und daher nicht geographisch gebunden.) [Am Rande bemerkt, wäre es für Kannibalen geschmacklos, Familienfotos aufzustellen.]
Ist männliche Bereicherung also sich daran zu erinnern, was man gerade nicht hat, was fern ist?
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Ich halte Familienfotos für etwas sehr Nettes – eben, um seine Lieben in gewisser Weise auch in der Ferne bei sich zu haben. Aber der Punkt ist, dass bei einem Ehepartner das Leben mit Job meist weitergeht wie bisher, während für den (meist die) andere die Ankunft der Kinder in der Familie eine große Zäsur ist, nach der man sich erst wieder neuorientieren muss, und auch nach der es nie wieder oder zumindest sehr lange nicht mehr so wird, wie zuvor (v.a. im Job)
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Das stimmt. Ergänzend, du solltest nicht unterschätzen, dass sich die Dinge – in ihrer Bedeutung, wenn auch nicht im formellen/äu0eren Ablauf – für Männer ändern. Es ist anders, seine Frau und Kinder beschützen/versorgen zu müssen und dürfen (Pflicht und Bereicherung, um ein Essay auszulassen). Wenn deine Freundin formell arbeitet, und ihr keine Kinder habt, ist die Beziehung, und ist dein Wesen, bedeutend anders.
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Ich unterschätze es nicht, auch wenn mein Mann anderes behaupten könnte! Aber ich schreibe den Blog vor allem aus meiner Sicht (Frau, die Mutter geworden ist), damit die Kommentatoren dann auch noch etwas zu tun haben 😉
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Ich gedenke nicht, zu ändern was du schreibst. Denn mir gefällt, wie du als Frau schreibst. Falls ich „ergänze“, oder etwas anders sehe, sei dir bewusst, dass ich deine Gedanken schätze.
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Vielen Dank für das nette Kompliment 🙂
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Oh, gut dass es dir gefällt. Ich wollte erst von specialization und comparative advantage schreiben.
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🙂
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By the way, hast du es aus dem Delirium geschafft, Em, oder misst du noch Fieber?
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Ach, eine Mutter steckt sowas einfach weg – sozusagen
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Dann wünsche ich dir, dass es noch besser wird. Sozusagen.
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Danke!
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